Ingmar – zwei Jahre zuvor…

Immer wieder haben wir schwierige oder sogar dramatische Geburtsberichte gehört und entsprechende Bilder aus Film und Fernsehen im Kopf gehabt, dass Geburt mit schlimmen Schmerzen, Schreien und Blut in Verbindung stehen muss – und wir waren uns einige: so sollen unsere Kinder wenn möglich nicht geboren werden.

Auf einem alternativen Gesundheitsseminar haben wir erstmals von Hypnobirthing erfahren, einer Methode zur Unterstützung einer sanften, natürlichen Geburt. Sofort haben wir uns das Standard-Buch gekauft und die nächsten Monate zusammen gelesen. Mit der Zeit änderten sich die „eingebrannten“ Bilder im Kopf und wurden ersetzt durch die reale Möglichkeit, dass schöne Geburtserlebnisse möglich sind.

Auf diese Weise haben wir uns weiter vorbereitet, bis irgendwann die Entscheidung fiel: Jetzt sind wir bereit für unser erstes Kind!

Vorbereitungen während der Schwangerschaft

Als wir herausgefunden haben, dass Tatjana Gottschalk im Rhein-Main-Bereich Kurse für Hypnobirthing anbietet, haben wir uns direkt für einen Kurs für die Mitte der Schwangerschaft angemeldet.
Zusammen mit drei anderen Paaren erlebten wir vier tolle Abende, an denen uns die Hypnobirthing-Techniken erläutert wurden, wir viele gemeinsame Übungen machten, unsere Ängste (die sicherlich jeder aufgrund von Berichten andere Mamas und den häufig dramatischen „Fernsehgeburten“ hat) auflösten und wir somit in dem Vorhaben nach einer schmerzfreien Geburt immer mehr bestärkt wurden.

Ab sofort wurde zu Hause so oft wie möglich entspannt. Ingmar hat für mich die Regenbogenentspannung nach meinen Wünschen angepasst eingelesen. Auch die Geburts-Affirmationen wurden regelmäßig durchgelesen oder angehört.

Mit diesem Wissen und den Hypnobirthing-Vorbereitungen im Rücken festigte sich im Laufe der Schwangerschaft außerdem unsere Entscheidung, die Geburt im Geburtshaus Idstein erleben zu wollen. Wir freuten uns also auf eine entspannte Hypnobirthing-Geburt unseres Sohnes im Geburtshaus Idstein und waren bereit 🙂

Isabel – jetzt geht’s los…

August 2014 – 1:30 Uhr: Meine volle Blase hat mich mal wieder geweckt. Auf dem Weg zur Toilette merke ich allerdings, dass es wohl nicht nur die Blase war, da ich außerdem auch ein periodenähnliches Ziehen verspüre. Geht’s jetzt los?

Zurück im Bett überprüfe ich in welchen Abständen das Ziehen auftaucht…
… 5min … oh, eigentlich wollten wir bei einem Abstand von 8 Minuten ins Geburtshaus fahren, allerdings war das „Ziehen“ ja noch nicht sehr stark. Lieber mal die Bereitschaftshebamme anrufen. Nachdem sie die Stärke und die Abstände erfragt hat, rät sie zu einem Bad um zu prüfen, ob es tatsächlich losgeht. Der werdende Papa lässt also Wasser in die Wanne und während ich gespannt auf dem Pezziball die leichten Wellen erfahre und die gelernten Atemtechniken ausprobiere. In der Wanne werden die Wellen tatsächlich stärker, es scheint also wirklich loszugehen 🙂

3:15 Wellenabstand: 4,5 Minuten
Ich habe das Gefühl, wir sollten noch mal im Geburtshaus anrufen, da ich die Wellen jetzt schon deutlich veratmen muss. Gesagt getan: Ingmar ruft also noch mal die Hebamme an (wirklich toll, das Hebammen nachts für einen da sind, obwohl da doch jeder Mensch schlafen möchte), die mich im Hintergrund schon hört und das „ok“ zum Losfahren gibt.

3:30 Da die Taschen ja schon seit ein paar Wochen gepackt waren, konnte es losgehen. Auf der Fahrt hörten wir die vorbereiteten Geburts-Affirmationen (vom werdenden Papa aufgenommen und vorgelesen) hinterlegt mit ausgewählter Entspannungsmusik. Entspannt sitzen geht während der Welle zwar nicht so wirklich gut, aber dazwischen schaffe ich es immer in den Sitz zu sinken und der Musik zu lauschen.

4:00 Ankunft im Geburtshaus: Wellenabstand 4 Minuten
Nachdem wir von einer gutgelaunten Hebamme schon erwartet werden, mache ich es mir noch mal auf einem Pezziball bequem, während das CTG meine Wellen misst. Daraufhin prüft die Hebamme, wie „fleißig“ mein Muttermund schon war und siehe da, bis auf 1,5 cm war dieser schon offen. Auf dem gemütlichen Bett habe ich dann die weiteren immer stärker werdenden Wellen veratmet, während Ingmar meinen Rücken liebe- und kraftvoll massiert hat. Gerade als die Hebamme sagte, ich solle Bescheid geben, wenn sie Wasser in die Wanne lassen soll, machte es „blubb“ in mir drin und warme Flüssigkeit lief heraus. Das Öffnen der Fruchtblase hat sich wirklich ulkig angefühlt. Ja, jetzt war ich bereit für die Wanne!

5:30 In der Wanne: Wellenabstand 3 Minuten
Zusammen mit Ingmar in der Wanne steigerte sich kontinuierlich die Intensität der Wellen. Zwischen diesen gelang es mir im Wasser allerdings sehr gut komplett zu entspannen. Ich konnte regelrecht spüren, wann die nächste Welle begann, konnte mich in Position bringen, die gelernte Atmung ausüben und merkte dann auch schon wie die Welle wieder abebbte. „Welle“ ist wirklich eine gute Bezeichnung dafür!
Die Schmerzen am Rücken waren die unangenehmsten während dieser Zeit.
Die zweite Hebamme wurde angerufen, da es nun bald soweit sein sollte.

7:00 Die Geburtswellen : Wellenabstand 2 Minuten
Plötzlich änderte sich die Art der Welle und das Bedürfnis nach unten zu schieben war sehr stark. Es war recht schnell klar, dass ich zusätzlich zur Geburtsatmung (j- Atmung) noch mehr tun musste. Die Hebamme half mir, indem sie mir erklärte wo genau ich „hinschieben“ muss, die Kraft ganz nach unten ausrichten und nicht nur im Gesicht verkrampfen.
Aufgrund der hohen Wasser- und Raumtemperatur hatte ich zwischendurch das Gefühl, dass mein Kreislauf zusammenklappt, aber das haben die Hebammen direkt bemerkt und mit homöopathischen Mitteln dagegen gewirkt.
Zwischendurch durfte ich immer wieder fühlen, wie weit das Köpfchen mittlerweile schon gewandert war, das war eine riesige Motivation und aufregend zu wissen, dass wir bald unseren Schatz in den Armen halten dürfen.
Bei der Überprüfung der Herztöne des Babies wurde festgestellt, dass diese während der Welle etwas zu tief waren, so dass mir die Hebamme irgendwann noch drei Versuche gab und dann ein Dammschnitt gemacht werden müsse. Nach den drei Versuchen war der Kopf allerdings soweit, dass ich auch noch einen vierten allerletzten bekam.
Mein Körper nahm sich noch mal eine 4 minütige Entspannungsauszeit und während der nächsten Welle legte ich dann wirklich alle Kraft hinein und schob über die Welle hinaus das Köpfchen hinaus! Eine weitere Welle später kam dann auch der Körper
problemlos hinaus. Kurz aufgefangen von der Hebamme durfte ich den kleinen Spatz dann selbst aus dem Wasser zu mir fischen.

Ein unglaubliches Gefühl dieses Wunder in den Armen zu halten, das uns direkt mit großen Augen aufmerksam ansah.

Lion – Hallo hier bin ich…

Huch, was ist das denn? Da wurde es in den letzten Stunden immer enger und enger und jetzt auf einmal diese Weite… Am Ende blieb mir fast noch die Luft weg – ob das wohl daran lag, dass sich meine Nabelschnur um den Hals gewunden hat? Dies führte wohl auch zu den Verlangsamungen der Herzschläge bei der Welle, aber die Hebamme hat die Nabelschnur beim Auffangen schnell und problemlos entwickelt.

Und wer schaut mich da mit einem so großen Strahlen an? Das müssen wohl meine Eltern sein. Gut dass sie so nah sind und wir ganz viel kuscheln können, das hilft mir mit der neuen Situation leichter zurecht zu kommen.

Jetzt bleibe ich erstmal ganz nah bei Mama – und Papa steigt aus der Wanne, um Fotos zu machen und die Nabelschnur zu durchtrennen, nachdem sie ganz in Ruhe auspulsiert ist. Ich merke dass sich Mama nochmal ein paar Wellen anstrengen muss, damit die Plazenta geboren wird. Mit mir im Arm ist das aber auch gut machbar 🙂

Danach dufte ich außerhalb des Wassers mit Papa auf seinem Arm schmusen, während Mama in der Wanne abgeduscht wurde und sich dann mit Hilfe der Hebamme aufs Bett lag. Mama wirkt irgendwie schon richtig fit, obwohl sie doch gar nicht so viel Schlaf diese Nacht hatte.

Während ich in Sichtweite von meiner Mama von der Hebamme, deren Stimme ich ja schon von der Schwangerschaft kenne, gewogen und gemessen wurde, stand Papa direkt daneben, berührte mich fast ununterbrochen und schaute ganz genau zu. Danach wurde ich noch angezogen, auch wenn mir irgendwie alles viel zu groß war. In meinem Autositz schlief ich dann auch kurz darauf ein.

3 Stunden bin ich nun auf der Welt und darf jetzt auch schon nach Hause, wo ich mich gemütlich mit meinen Eltern ins Familienbett kuscheln darf. Ich bin ja schon so gespannt, was mich in den nächsten Tage, Wochen, Monaten und Jahren erwarten wird!

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6 Monate später

Nun sind wir schon ein halbes Jahr eine „richtige“ Familie. Der Alltag hat sich langsam eingespielt und wir freuen uns jeden Tag über unseren gut gelaunten Sonnenschein, der die ganze Welt erobern möchte und diese schon mit „robben“ erkundet. Wir sind uns sicher, dass der Schwangerschaftsverlauf als auch die entspannte Geburt dazu beigetragen haben, dass sich unser Sohn schnell in dieser Welt außerhalb Mamas Bauch eingelebt hat und jedem Tag neugierig entgegengeht.

Vielen Dank an Tatjana für die Vorbereitung der Geburt mit den Hypnobirthing Techniken. Zusammen mit diesen und der tollen Betreuung der Geburtshauses, durften wir unsere Wunschgeburt erleben!

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